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Brutto- oder Nettoprinzip bei Ersatzforderungen

Brutto- oder Nettoprinzip bei Ersatzforderungen

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Brutto- oder Nettoprinzip bei Ersatzforderungen

6B_178-181/2019 etc., zur Publikation vorgesehen

Das Appellationsgericht Basel-Stadt auferlegt 17 Teilnehmern illegaler Pokerturniere Ersatzforderungen.

Die Beschwerdeführer stellen sich auf den Standpunkt, es sei die Verfolgungsverjährung eingetreten. Das Bundesgericht teilt diese Auffassung nicht. Auf Grundlage der geltenden Rechtsprechung sei es nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz die Einziehungsverfügungen der Eidg. Spielbankenkommission vom 14. Oktober 2016 verjährungsbeendenden erstinstanzlichen Urteilen im Sinne von Art. 97 Abs. 3 StGB gleichstellt.

Weiter war strittig, in welchem Umfang die von den Beschwerdeführern erlangten Pokerturniergewinne einzuziehen sind. Die Vorinstanz bejaht das Vorliegen eines hinreichenden Deliktskonnexes zwischen der Anlasstat und den von den Beschwerdeführern erzielten Gewinnen. Sodann führt sie im Wesentlichen aus, dass es sich bei Verstössen gegen die Spielbankengesetzgebung um eine generelle Normwidrigkeit handle. Die den Beschwerdeführern zugeflossenen Vermögensvorteile seien als Ganzes rechtswidrig entstanden, weshalb für die Berechnung der Ersatzforderung grundsätzlich auf das Bruttoprinzip abzustellen sei. Im Weiteren könne die Rechtsgleichheit unter den Turnierteilnehmern nur bei Anwendung des Bruttoprinzips bewahrt werden. Denn mit dem Bruttoprinzip stehe der Gewinner gleich da, wie jener Spieler, der zwar einen Spieleinsatz geleistet, aber keinen Gewinn erzielt habe. Beide hätten ihren ganzen Einsatz verloren.

Die Beschwerdeführer hingegen bringen zusammengefasst vor, dass die Vorinstanz die Ersatzforderung zu Unrecht nach dem Bruttoprinzip berechnet und damit das Verhältnismässigkeitsprinzip verletzt habe. So habe diese bei ihrer Verhältnismässigkeitsprüfung zahlreiche entscheidrelevante Umstände, wie etwa die Tatsache, dass ihnen als blosse Teilnehmer des Pokerturniers kein strafrechtliches Verschulden angelastet werden könne, ausser Acht gelassen. Unter Berücksichtigung dieser besonderen Gegebenheiten gebiete sich aus Gründen der Verhältnismässigkeit eine Einziehung nach dem Nettoprinzip.

Das Bundesgericht sprach sich verschiedentlich für das Bruttoprinzip aus, dies namentlich bei generell verbotenen Verhaltensweisen wie dem illegalen Betäubungsmittelhandel, der gewerbsmässigen Hehlerei oder Geldwäschereihandlungen, wobei die Einziehung in den genannten Fällen jeweils bei jener Person erfolgte, welche die Anlasstat begangen hatte. Das Nettoprinzip zur Festlegung einer staatlichen Ersatzforderung brachte das Bundesgericht demgegenüber wiederholt bei blossen Übertretungen zur Anwendung.

Das Bundesgericht erwägt, dass das Organisieren und gewerbsmässige Betreiben von Glücksspielen ausserhalb konzessionierter Spielbanken nach Art. 56 Abs. 1 lit. a SBG eine Übertretung darstelle, welche mit Haft oder Busse zu bestrafen ist. Nicht strafbar macht sich jedoch, wer an solchen Spielen nur teilnimmt. Die von der Einziehung betroffenen Beschwerdeführer trifft insofern kein strafrechtliches Verschulden. Sie gingen weder einer illegalen Tätigkeit nach, noch haben sie im Zusammenhang mit dem illegalen Pokerturnier anderweitig gegen strafrechtliche Bestimmungen verstossen. Die Einziehung nach dem reinen Bruttoprinzip ist vor diesem Hintergrund abzulehnen. Mit den Beschwerdeführern hätte die Vorinstanz den Umstand, dass den Einziehungsbetroffenen kein rechtswidriges Verhalten vorgeworfen werden kann, in ihre Verhältnismässigkeitsprüfung mit einbeziehen müssen. 

Die Anwendung des Bruttoprinzips lässt sich vorliegend auch nicht mit dem Grundsatz der Rechtsgleichheit rechtfertigen. Wie die Beschwerdeführer zutreffend ausführen, wurden nur diejenigen Turnierteilnehmer mit einer Ersatzforderung konfrontiert, welche einen Gewinn erzielt haben. Ob die Einziehung dieses gesamten Gewinns verhältnismässig erscheint, ist allein mit Blick auf diese Spieler zu beurteilen. Eine Gleichstellung zwischen allen Turnierteilnehmer drängt sich nicht auf. Anders als die Vorinstanz argumentiert, ist es nicht die Aufgabe der Einziehung, das mit dem Glücksspiel einhergehende Zufallsmoment auszutarieren. 

Der Sinn und Zweck der Einziehung bzw. der Ersatzforderung liegt vielmehr im Ausgleich deliktischer Vorteile. Mit den Einziehungsbestimmungen soll verhindert werden, dass der Täter oder der Begünstigte im Genuss eines durch eine strafbare Handlung erlangten Vermögensvorteils bleibt. Strafbares Verhalten soll sich nicht lohnen. Daraus ergibt sich nicht zwingend die Anwendung des Bruttoprinzips. Strafbares Verhalten lohnt sich unter Umständen auch schon dann nicht, wenn der Täter den Nettoerlös nicht behalten darf.

Das Buy-in stellte damit eine notwendige Voraussetzung für die Erlangung der einziehbaren Vermögenswerte und damit eine Aufwendung dar. Damit sich das Pokerturnier für den Gewinner nicht gelohnt hat, reicht es, eine Ersatzforderung in der Höhe des erzielten Turniergewinns abzüglich des geleisteten Buy-ins festzulegen.

Nicht gefolgt werden kann den Beschwerdeführern aus Sicht des Bundesgerichts indessen, wenn sie geltend machen, dass jegliche im Deliktszeitraum geleisteten Buy-ins von ihrem Gewinn abzuziehen seien. Vielmehr wären auch bei Anwendung des Nettoprinzips einzig die Buy-ins für diejenigen Spiele abzuziehen, bei denen der Spieler auch effektiv einen Gewinn erzielt hat. Allein diese waren für die Gewinne kausal und können als Aufwendungen bei der Festlegung der Ersatzforderung berücksichtigt werden.

Die Beschwerden wurden in diesem Punkt gutgeheissen, in den übrigen Punkten jedoch abgewiesen.

iusNet StrafR-StrafPR 04.05.2020