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Rechtliches Gehör bei Anordnung einer Verwahrung verletzt

Rechtliches Gehör bei Anordnung einer Verwahrung verletzt

Rechtsprechung
Allgemeines Strafrecht

Rechtliches Gehör bei Anordnung einer Verwahrung verletzt

6B_56/2018

Das Obergericht des Kantons Zürich hatte X. 2013 wegen vorsätzlicher Tötung, versuchter vorsätzlicher Tötung und weiterer Delikte zu einer Freiheitsstrafe von 19 Jahren verurteilt und seine Verwahrung angeordnet. Das Bundesgericht hiess 2014 eine Beschwerde des Mannes teilweise gut und wies das Obergericht an, ein neues psychiatrisches Gutachten zu seiner Behandlungsfähigkeit, den Erfolgsaussichten einer stationären therapeutischen Massnahme und deren Vollzugsmöglichkeiten einzuholen. Gestützt auf das neue Gutachten, welches auf eine unzureichende Therapiefähigkeit des Mannes schliesst, ordnete das Obergericht 2017 erneut die Verwahrung des Mannes an. 

X. beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben und es sei eine stationäre therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 59 StGB anzuordnen. 
Nach Ansicht des Bundesgerichts wurde das rechtliche Gehör von X. verletzt. Das vorinstanzliche Urteil verletze in diesem Punkt in mehrfacher Hinsicht Bundesrecht. Einerseits übersehe die Vorinstanz, dass sie und auch die Parteien die dem Gutachten zu Grunde liegenden Akten für dessen Überprüfung kennen müssen. Andererseits verkenne sie, dass sich auch der Sachverständige an die Vorgaben der Strafprozessordnung zu halten habe.
Das Bundesgericht zog dabei in Erwägung, dass es grundsätzlich nicht zu beanstanden sei, wenn der Gutachter nach Durchsicht und Würdigung aller ihm zur Verfügung stehenden Akten nur jene erwähne, die für ihn relevant sind. Jedoch müssen das Gericht und die Parteien in der Lage sein, das Gutachten auf seine Schlüssigkeit zu überprüfen. Sie müssen beurteilen können, ob der Sachverständige bei seiner Beurteilung alle relevanten Akten berücksichtigte. Dies setze zwangsläufig voraus, dass sie über die gleichen Informationen und Akten verfügen wie der Sachverständige bei der Begutachtung. Durch sein eigenmächtiges Vorgehen habe der Gutachter dem Gericht und den Parteien letztlich die sachgemässe Überprüfung des Gutachtens verunmöglicht. Die Vorinstanz ihrerseits habe es versäumt, die dem Gutachten zu Grunde liegenden Akten beim Amt anzufordern. Angesichts der unvollständigen Akten konnte der Beschwerdeführer sein Akteneinsichtsrecht nicht wirksam ausüben.
Hinzu komme, dass das Vorgehen des Sachverständigen die strafprozessualen Vorgaben verletzt habe. Dazu hält das oberste Gericht fest, dass unbesehen allfälliger pragmatischer Überlegungen festzuhalten sei, dass es sich beim Beizug von Akten einer Behörde oder einer Klinik um keine einfache Erhebung handelt, die der Sachverständige gemäss Art. 185 Abs. 4 StPO selbst vornehmen könne, sondern um eine Ergänzung der Akten im Sinne von Art. 185 Abs. 3 StPO, die in einem justizförmigen Verfahren zu erfolgen habe. Die Ergänzungen der Akten im Sinne von Art. 185 Abs. 3 StPO könne von Strafbehörde nicht an den Sachverständigen delegiert werden.

Das Bundesgericht erkannte daher, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt wurde und heisst die Beschwerde von X. teilweise gut. 

iusNet STR-STPR 27.08.2018