Der Anwendungsbereich der Kindestötung
Der Anwendungsbereich der Kindestötung
Der Anwendungsbereich der Kindestötung
I. Ausgangslage
Dem Tatbestand der Kindestötung nach Art. 116 StGB kommt heutzutage kaum praktische Bedeutung zu. In den zehn Jahren von 2009-2018 ergingen nur zwei Verurteilungen.1 Hinzu kommt, dass die Strafbestimmung nicht unumstritten ist.2 Entsprechend ist es durchwegs erstaunlich, dass sich das Bundesgericht in einem aktuellen, zur Publikation vorgesehenen Entscheid ausführlich mit der Kindestötung befasst. Im Zentrum steht dabei die Frage, ob der Tatbestand nur auf eine Mutter anzuwenden ist, die während der Tat unter dem Einfluss einer psychischen Störung, einer anderen besonderen Gemütsbewegung oder einer Notlage stand.
II. Tatbegehung während oder kurz nach der Geburt
Art. 116 ist ein Sonderdelikt. Täterin kann nur eine Mutter, die während der Geburt oder kurz danach ihr Neugeborenes tötet, sein. Die gesetzliche Formulierung – «während der Geburt oder solange sie unter dem Einfluss des Geburtsvorganges steht» – ist missverständlich. Es handelt sich nicht um zwei unterschiedliche Zeiträume. Vielmehr ist damit – wie nun auch das Bundesgericht bestätigt – ein kontinuierlicher Zustand der Mutter gemeint, vom Einsetzen der Eröffnungswehen bis zum Zeitpunkt, indem sie nicht mehr unter den körperlichen und seelischen Sonderbedingungen des Geburtsvorgangs steht.3 Dabei lassen sich keine starren...
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