Die mündliche Aufforderung zur Bezeichnung eines Zustelldomizils und ihre Rechtsfolgen
Die Gerichtsschreiberin des Berufungsgerichts setzte dem Rechtsvertreter telefonisch eine Frist zur Mitteilung des Zustelldomizils des Berufungsklägers. Das Bundesgericht hatte zu befinden, ob die Nichteinhaltung dieser Frist die Rückzugsfiktion nach Art. 407 Abs. 1 lit. c StPO rechtswirksam auszulösen vermochte.
Notwendigkeit der Möglichkeit eines Rückzugs bei drohender reformatio in peius
Das Bundesgericht hält fest, dass eine reformatio in peius im Rechtsmittelverfahren nur möglich ist, wenn der beschwerdeführenden Partei vorgängig der bevorstehende ungünstige Entscheid angezeigt und die Möglichkeit zur Stellungnahme bzw. zum Rückzug gegeben wird.
Ausschluss eines akkreditierten Gerichtsberichterstatters zum Schutz der Opfer von Sexualverbrechen
Die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts hatte die Öffentlichkeit einschliesslich der akkreditierten Gerichtsberichterstatter per Verfügung von der Berufungsverhandlung ausgeschlossen. Das Bundesgericht hatte darüber zu entscheiden, ob dies eine Verletzung des Grundsatzes der Justizöffentlichkeit sowie der Medien- und Informationsfreiheit darstellt.
Gültige Zustellung einer Mitteilung der Behörden an den Rechtsbeistand
Das Bundesgericht hält fest, dass die Zustellung bzw. Eröffnung einer Mitteilung von Seiten der Behörden nur gültig an den Rechtsbeistand erfolgen kann, sofern ein solcher bestellt ist. Eine Fristansetzung durch die Mitteilung, welche nicht an den zugezogenen Rechtsbeistand erfolgt, entfaltet entsprechend keine Wirkung.
Ob es sich bei beschlagnahmten Vermögen um Delikterlös handle, müsse von einem Sachgericht beurteilt werden, so das Bundesgericht. Solange dieser Entscheid nicht begründet und noch nicht rechtskräftig sei, müssen die betroffenen Vermögenswerte beschlagnahmt bleiben.
Ein Fall von eventualvorsätzlicher versuchter Tötung
Der Beschuldigte wurde von der Vorinstanz der Drohung sowie der einfachen Körperverletzung schuldig gesprochen. Im Rahmen der Beschwerde in Strafsachen hatte das Bundesgericht über die Abgrenzung von der einfachen Körperverletzung zur eventualvorsätzlichen versuchten Tötung zu befinden.
Der fragwürdige Umgang des Berner Obergerichts mit unverwertbaren Aktenstellen und die Rechtsfolgen
Das Obergericht des Kantons Bern hat es unterlassen, sich vorfrageweise mit der Verwertbarkeit von unverwertbaren Aktenstellen zu befassen und in der Folge genau diese Aktenstellen aus den Akten zu entfernen. Das Bundesgericht hatte darüber zu befinden, ob dies eine Verletzung von Art. 141 Abs. 5 StPO darstellt.
Die Prüfung eines schweren persönlichen Härtefalls zur Verhinderung einer Landesverweisung
Der delinquente Beschwerdeführer kam im Alter von sieben Jahren in die Schweiz, wo er zum Urteilszeitpunkt bereits 14 Jahre lebte. Er verfügt über eine Niederlassungsbewilligung, durchlief die obligatorische Schulzeit in der Schweiz und absolvierte eine Berufslehre. Das Bundesgericht hatte darüber zu befinden, ob im vorliegenden Fall eine Landesverweisung rechtmässig ist oder ob ein schwerer persönlicher Härtefall vorliegt.
Rechtliches Gehör bei Anordnung der Sicherheitshaft
Das Bundesgericht hält fest, dass eine mündliche Verhandlung vor der Anordnung einer erstmaligen Sicherheitshaft ohne vorgängige Untersuchungshaft durchzuführen sei, um das rechtliche Gehör nicht zu verletzen.
Anspruch auf rechtliches Gehör beim Akteneinsichtsrecht
Das Bundesgericht hält fest, dass das Akteneinsichtsrecht ein Teil des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist. Der Verfahrensleitung obliegt das Ermessen über die Modalitäten der Gewährung der Akteneinsicht.